Samstag, 12. April 2014

Meine Buchbesprechung für die BuchBlogParade April

Dieses Buch habe ich in den letzten Wochen gelesen.

Nicholas Shakespeare: Die Erbschaft

Andy Larkham ist spät dran. Er will zur Beerdigung seines Lieblingslehrers, der ihm einmal sagte: «Es ist schwer, etwas aus sich zu machen.»
Wie immer zu spät, sitzt er nun bei der vermeintlichen Beerdigung seines Lieblingslehrers (der ihm ein Manuskript hinterlassen hat) und wundert sich, dass außer ihm nur noch eine alte Dame da sitzt. Komisch, der Lehrer war doch so beliebt! Am Ende erfährt er, dass er einer falschen Trauerfeier beigewohnt hat. Es war die Beerdigung Christopher Madigans. Durch diese Verwechselung erbt Andy 17 Millionen Pfund.

Was macht man, wenn eigene Zerstreutheit dazu führt, dass man zum Erbe eines riesigen Vermögens von um die 17 Millionen Dollar wird? Einfach so weiterleben, die Umstände ignorieren, wie es dazu kommen konnte? Soll er ein Leben in Luxus führen, den Job kündigen und einen Schnitt mit dem alten »Ich« machen? Menschlich, wenn man der Versuchung erliegt, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und den neuen Reichtum zu genießen. Genauso verfährt auch Andy Larkham, der Protagonist des Romans »Die Erbschaft« von Nicholas Shakespeare.
Doch ganz so unproblematisch, wie die Sache am Anfang scheint, ist es dann doch nicht. Andy fühlt sich nicht wohl bei dem Gedanken, nicht zu wissen, aus welchem Grund gerade er zu diesem unverhofften Vermögen gekommen ist. Vor allem die Art und Weise, in der das Testament verfasst wurde, gibt einige Rätsel auf. Auch er selbst verändert sich. Alte Freunde wenden sich ab und er entfernt sich immer mehr von seinem alten »Ich«. Sein bester Freund David drängt ihn herauszufinden wer Christopher Madigan war und über sein Leben ein Buch zu schreiben.
Andy macht sich schließlich auf die Suche. Auf eine Suche nach dem Ursprung des Geldes und seiner Geschichte. Denn er ahnt, dass das Geld nur so wirklich sein gefühltes Eigentum werden und er wieder zu sich selbst finden kann.

Es wird schnell klar, dass die Story mehr als reine Unterhaltung zu bieten hat.
Spätestens als Andy sich bei seinen Nachforschungen mit der Geschichte Armeniens auseinandersetzen muss, Themen wie Einsamkeit, Lüge, verratener Liebe und Enttäuschung von Bedeutung werden, bekommt die Handlung eine Dynamik. Der Lebemann Andy, der vor der Erbschaft weder besonders ehrgeizig war, noch sich großartig für seine Mitmenschen interessierte, seinen Job – er war Lektor für Bücher in einem kleinen Ratgeberverlag– zwar liebte, ihn aber nicht mir voller Hingabe erfüllte, verändert sich. Das Geld wirft Fragen auf, die er sich ansonsten wohl eher nicht gestellt hätte. Es weckt Skrupel und macht ihm klar, dass auch er menschliche Verpflichtungen hat, denen er nachkommen muss. Allein schon um seiner selbst Willen, aber auch aus Respekt vor seinen Mitmenschen. War die verpasste Beerdigung seines Lehrers der ausschlaggebende Punkt für seinen Reichtum, erkennt Andy, dass die verschiedenen Umstände, der Tod seines Lehrers, die Geschichte seines Erblassers, dessen Tochter, der Haushälterin und seine eigene Gemeinsamkeiten aufweisen. Er macht es sich zur Aufgabe, die Biografie seines Gönners ins rechte Licht zu rücken, damit wenigstens nach dessen Tod die Erinnerungen seiner Tochter nicht durch Intrigen verdorben sind und ein posthumer Frieden geschlossen werden kann.

Wie werde ich der, der ich bin’, ’nicht jeder ist das was er ist’. Was macht die Geschichte aus einem Menschen. Das sind die eigentlichen Fragen, die in diesem Roman auftauchen. und überall im Buch taucht auch Montaigne auf. Er glaubte z.B, ‘das Wichtigste auf Erden sei zu wissen, wie man zu sich selbst findet’. und vieles mehr.

Ein sehr spannend geschriebenes Buch über die Menschlichkeit.

Zitat: "Weißt du noch, wie ich sagte, du wärest nicht ohne Grund zu spät gekommen? Du hast diese siebzehn Millionen nicht umsonst erhalten. Betrachte es als Vorschuss auf ein Buch, das du noch nicht geschrieben hast. Als du bei der Beerdigung aufgetaucht bist, hast du den Vertrag abgeschlossen. Seitdem hast du das gemacht was jeder Scharlatan macht: deinen Vorschuss verprasst. Doch du musst auch ein bisschen rackern. Du musst ein bisschen schwitzen, um dich aus der Sackgasse zu schreiben, in die du geraten bist."